Buzzwords im Marketing

Buzzwords – Sympathie für Aufschneider

Heute möchte ich mal über ein fast schon sozialkritisches Thema diskutieren. Na gut, es ist wohl eher berichten als diskutieren, da ein Blogbeitrag nicht sonderlich bidirektional ist, jedoch berichtet man eigentlich nicht über sozialkritische Themen sondern man diskutiert sie. Vielleicht schaffe ich es ja in den kommenden Absätzen des Beitrags eine Erzählweise zu nutzen, die mit viel Vorstellungskraft einer Diskussion nahe kommt. Tendenziell könnte man dann diesen Beitrag auch weniger als Bericht und mehr als Erörterung sehen (Wikipedia – Erörterung).

Damit auch alle wissen worum es in diesem Beitrag geht, obwohl ich denke und hoffe, dass nur die auf den Titel des Beitrages geklickt haben, die auch mit dem Begriff Buzzword etwas anfangen können, möchte ich diesen jedoch kurz einmal erläutern.

Was ist ein Buzzword

Ein Buzzword ist ganz simple ausgedrückt einfach nur ein Schlagwort mit dem man eine besondere Beachtung erzeugen will. Es ist somit ein  Stilmittel der Linguistik, das schon über 100 Jahre eingesetzt wird. Soweit die leicht umformulierte Erläuterung von Wikipedia. Kurz und Knapp: Buzzwords werden eingesetzt damit der Leser / Hörer besonders Aufmerksam ist.

Hier mal ein paar Beispiele von Buzzwords die ihr gerne einmal im Alltag in eure Sätze einbauen könnt:

  • Am Flughafen: Bombe, Terrorist, Schmuggelware
  • In einem Apple-Store: Material Design, GO, Hackintosh
  • Im Gespräch mit der Freundin:  Dreier, Brustvergrößerung,  Schuhfetischismus
  • Im Gespräch mit den Eltern: Drogen, Saufgelager, Verhütung
  • Beim Fleischer: Tofu, Sojasprossen, Fleischersatz

Diese Liste lässt sich beliebig erweitern und wenn ihr sie wirklich testen solltet, werdet ihr feststellen, dass ihr die ungeteilte Aufmerksamkeit erhaltet.

Also was ist nun so schlimm an Buzzwords, so das ich es für sinnvoll erachte hierüber einen Blogeintrag zu veröffentlichen? Diese Frage ist relativ einfach. Neben den provozierenden Buzzwords, gibt es auch noch die know-how-vortäuschenden Buzzwords, die in meiner Branche gerne eingesetzt werden.

Buzzwords statt transparenz

Im Marketing und speziell im Online Marketing ist man stets versucht die andere Seite davon zu überzeugen, dass man die absolute Know-How Vorherrschaft hat! Wir möchten alle Experten sein oder wenigstens beim Gegenüber diese Sichtweise erzeugen. Da jedoch an vielen Stellen am Ende doch das Wissen nicht ausreicht um sich als Experte zu qualifizieren, versteckt man sich gerne hinter großen Buzzwords, die man aus irgendwelche Online Marketing Zeitungen oder Webseiten schnell mal zusammen geklaut und auf ein Papier geschrieben hat. Äquivalent zum Papier lässt sich hier auch das MacBook oder iPad als Speichermedium einsetzen.

Doch wann und warum setzen wir solche Buzzwords ein? Meist werden Buzzwords zum vertuschen von Lücken genutzt. Egal ob Wissenslücken, unvollständige Konzepte, mangelnde Vorbereitung, fehlende Antworten, … mit Buzzwords kann man sich fast immer aus der Affäre ziehen.

Das klingt jetzt alles noch etwas theoretisch, deshalb möchte ich das ganze gerne einfach mal an praktischen Beispielen verdeutlichen:

  • Kunde sagt: „Sie sind in Ihrem Konzept gar nicht genauer auf die geplante Seitenstruktur eingegangen, dabei war dieses doch ein Kernelement der Ausschreibung
  • Berater antwortet: „Dieses Thema sollte gemeinschaftlich im Kick-Off Meeting basierend auf der Customer Journey unter Berücksichtigung neuester Erkenntnisse im Bereich Website-Usability erarbeitet werden
  • ERGEBNIS in 95% aller Fälle: Die mangelnde Vorbereitung fällt dem Kunden nicht auf, weil die eindeutig ersichtliche Ausrede dank Buzzwords sehr solide und kompliziert wirkt.

Natürlich muss nicht immer gleich mit mehreren Buzzwords der Kunde verbal überfahren werden, manchmal reicht auch ein gezielter Treffer:

  • Kunde fragt: „Wieso kommt denn auf dieser Unterseite ein Teaser für ein so unpassendes Thema
  • Berater antwortet: „Die Inhalte werden für jeden Besucher mittels einem Content-Curation Modul automatisch generiert
  • ERGEBNIS in 80% aller Fälle: Der Kunde ist höchstzufrieden, das sowas modernes auf seiner Webseite eingesetzt wird, das er nicht versteht

Aber man muss als Berater sich nicht immer die Buzzwords selber ausdenken, manchmal werden sie auch von den Kollegen aus der Entwicklung abgeschaut:

  • Kunde sagt: „Wir sollten in kürze auch einmal den Zeitplan durchsprechen bis zum Livegang“
  • Berater antwortet: „Die Entwicklung ihrer Webseite wird nach dem Prinzip der Agilen Softwareentwicklung erstellt, wodurch eine genaue Terminierung hier leider nicht möglich ist.“
  • ERGEBNIS in 100% aller Fälle: „Kunde hat nun das Gefühl, das seine Webseite total komplex ist und googled im Anschluss den Begriff“

Somit kann man Buzzwords im Online Marketing doch meist recht gut als Schutzschild benutzen um sich vor lästigem Stress zu bewahren und dem Kunden trotzdem ein weitestgehend gutes Gefühl vermitteln. Es ist also eine WIN (WIN)-Situation. Doch aufgepasst liebe Berater, die Kunden wachsen mit und bilden sich fort. Natürlich wissen sie am Ende nicht mehr als Ihr, jedoch auf den Fortbildungen und Lehrgängen werfen natürlich Berater anderer Agenturen mit den gleichen Buzzwords um sich und erläutern diese mit gefährlichem Halbwissen. Wer also mit Buzzwords punkten will, sollte sich nicht nur die Trends auf dem veralteten deutschen Markt anschauen, sondern besonders in den USA begriffe abgreifen.

Aufschneider sammeln Pluspunkte

Doch das alles ist ja nicht ganz so schlimm, da ja beide Seiten gut aus der Sache raus kommen, mag man sich nun denken. Jedoch dem ehrlichen Berater macht  dieses Buzzword-Spamming und die daraus resultierende Anerkennung nicht leichter. Wo früher noch Menschen als Aufschneider belächelt wurden, wenn sie sich hinter Fachausdrücken versteckt haben, so wird das vom Kunden heute als hohe Kompetenz angesehen und sogar befürwortet. Selbst untereinander bewerfen wir Berater uns mit Buzzwords um unseren „Coolness“-Grad zu zeigen.

Der ehrliche Berater hingegen erklärt die Gründe für sein Handeln oder die aufkommenden Probleme. Dieses führt leider häufig dazu dass er sich angreifbar für andere Agenturen macht. So kommt es auch, dass wir eine Agentur-Hopping-Kultur haben. Unternehmen wechseln ihre Agenturen häufiger als der ein Döner-Imbiss in der Kölner Innenstadt seine Dönerspieße. Anstatt das ein Unternehmen mit einer Agentur voran geht, pitchen wir alle gegeneinander um jegliche Projekt, Neue Bannersets, Webseiten, Content Marketing, Link Building, ….

Daraus entwickelt sich auch, das wir als Agentur immer häufiger Kunden nur noch wie im Schnell-Imbiß bedienen. Auftrag – Produkt – Bezahlung – Auf Wiedersehen.. Dieses „Fire and forget„-Prinzip mindert die Qualität der heutigen Werbung so enorm, dass die meisten Unternehmen schon gänzlich verwässert sind und ein echter Markenkern nur noch schwerlich zu erkennen ist.